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Trotz Regierungskrise offenes Ohr für uns SeniorInnen?

  • Mittwoch, 20. Oktober 2021 @ 08:11
Ein erster Faktencheck – von Hans Höllisch

Es ist ein unwürdiges Drama, welches die Innenpolitik in den zurückliegenden Tagen geboten hat. Als gesichert angenommen werden darf, dass der Rücktritt von Sebastian Kurz als Bundeskanzler (der aber ÖVP-Parteiobmann bleibt und als neuer Klubobmann weiter die Politik in Österreich maßgeblich mitbestimmen will) und die im Raum stehenden Vorwürfe und Anschuldigungen gegen ihn und sein Umfeld auch innerhalb der Reihen dieser Partei und deren Mitglieder im SeniorInnenalter wachsenden Erklärungsbedarf hervorruft.

Ingrid Korosec, ÖVP-Seniorenbundpräsidentin und ÖVP Abgeordnete im Wiener Landtag versuchte in der Vorwoche in einem Kommentar zum „Thema der Woche“ (www.seniorenbund.at), in dem sie Sebastian Kurz, der „als Bundeskanzler zur Seite tritt… Staatsräson und Verantwortung für Österreich“ attestiert, zu kalmieren.

Sie vertraue „auf eine rasche Aufklärung“ der im Raum stehenden Vorwürfe. Sebastian Kurz habe ihr „in 4 Augen-Gesprächen zugesichert, dass er die Vorwürfe allesamt widerlegen wird...“

Auch der neue Kanzler Alexander Schallenberg habe mit dem Seniorenbund eine „ausgezeichnete Gesprächsbasis“.

(Es bleibt zu hoffen, dass die Bundesregierung auch zu allen anderen nicht dem ÖVP-Umfeld zugehörenden SeniorInnenverbänden eine solche sucht.)

Es bleibe sichergestellt, dass die Bundesregierung weiterhin „das Fingerspitzengefühl und offene Ohr für die Anliegen der Seniorinnen und Senioren“ beweisen wird. Sie sei erleichtert, dass „wichtige Entlastungen für die Seniorinnen und Senioren“, wie z.B. die „Erhöhung aller Pensionen um mindestens die volle Inflationsanpassung von 1,8 Prozent“, und die mit der Steuerform ab Mitte des kommenden Jahres geplante Senkung der Krankenversicherungsbeiträge für kleine Pensionen, gesichert sind.

Apropos „Fingerspitzengefühl und offenes Ohr“ – Wie verträgt es sich damit, dass die türkis-grüne Regierung (noch unter Bundeskanzler Sebastian Kurz), die von ihr für das nächste Jahr beschlossene Pensionserhöhung ohne vorherige Verhandlungen mit den VertreterInnen der PensionistInnenverbände und ohne deren VertreterInnen dazu auch nur einmal getroffen zu haben, einseitig festgelegt hat.

Fakt bleibt, dass es sich bei den für alle Bruttopensionen ab 1300 Euro ins Auge gefassten Erhöhungen (+1,8%) um Bruttobeträge handelt und der davon übrigbleibende Netto-Betrag die Teuerung nicht ausgleichen wird. Allein die gegenwärtige Verteuerung der Energie und Heizkosten werden ein Mehrfaches der Pensionsabgeltung ausmachen. (Die mit der ökosozialen Steuerreform geplante CO2-Bepreisung abzüglich des als Ausgleich in Aussicht gestellten Klimabonus sind hier nicht eingerechnet, da ja diese Maßnahmen erst Mitte des nächsten Jahres mit der ökosozialen Steuerreform in Kraft treten sollen).

Was die als konkreten Schritt gegen die Altersarmut für geringe Pensionen geplante Senkung der Krankenversicherungsbeiträge betrifft, darf nicht übersehen werden, dass durch diese, obwohl wir uns ja gerade in einer Gesundheitskrise befinden, der Krankenversicherung viele Millionen entgehen. Selbst wenn dieser Ausfall wie von der Regierung zugesagt, aus dem Budget ausgeglichen wird (wozu es aber bisher noch keine konkreten Pläne gibt), werden die Krankenkassen dadurch auch in noch größere Abhängigkeit von der Regierung gebracht.

Kollegin Korosec nicht nur Verteidigerin von Kurz & Co.

So hat Frau Korosec im Sommer in positiver christlich sozialer Tradition und auch unter Berufung auf die christliche Soziallehre mit vielen auch aus unserer Sicht richtigen Argumenten, den unserem öffentlichen Pensionssystem in Selbstverwaltung zu Grunde liegenden Generationenvertrag verteidigt.

Noch vor dem Sommer forderte sie in einem ihrer Kommentare eine „ehrliche Diskussion“, ob „die Pensionsanpassung rein nach dem Verbraucherpreisindex fair“ sei. Der Verbraucherpreisindex bilde „nicht die Lebenswelt der älteren Generation ab“. Auch Wirtschaftswachstum, Wohlstand und Produktivität müssten als Richtwerte für Pensionserhöhungen einbezogen sein.

In einem anderen Kommentar – „Die Pensionserhöhung wird die Wirtschaft ankurbeln“- setzt sie sich mit dem vor allem aus neoliberalen Kreisen (darunter auch aus ihrer Partei) verbreiteten Argument „Die Alten kosten zu viel“ auseinander. Sie verweist darauf, dass allein 17 Mrd. an Steuer- und Abgabenleistungen von den über 65-Jährigen in den Staatshaushalt eingezahlt werden (Die Zahlen stammen aus dem Jahr 2015) und die Zuschüsse des Bundes zu den Pensionszahlungen wieder komplett in die Staatskassa zurückfließen.

Jede Pensionserhöhung sei auch ein Konjunkturpaket, insbesondere bei den kleinen Pensionen wo „nahezu jeder zusätzliche Euro in den Konsum fließt.“ stellt sie in einem weiteren ihrer Wochenkommentare fest.

Ingrid Korosec ist neben ihren Funktionen in der ÖVP gemeinsam mit Peter Kostelka vom SP-nahen Pensionistenverband auch Präsidentin des Seniorenrates, dem als Dachverband der Pensionisten und Seniorenorganisationen, die gesetzliche Interessensvertretung der Seniorinnen und Senioren in Österreich obliegt. An dessen Sitzungen nimmt der Zentralverband der PensionistInnen (ZVPÖ) mit Expertenstatus teil.

Es bleibt zu hoffen, dass Ingrid Korosec ihre Rolle in christlich-sozialer Tradition nicht verlässt. Interessensvertretung für die SeniorInnen erfordert über Parteigrenzen und unterschiedliche Meinungen hinweg, ohne unterschiedliche Auffassungen zu negieren, das gemeinsame in den Vordergrund zu rücken.