Das Europäische Treffen der Menschen mit Armutserfahrungen am 15./16. November 2016 in Brüssel, wurde vom Europäischen Anti-Armuts-Netzwerk (EAPN) mit Unterstützung der Europäischen Kommission, des slowakischen EU-Ratsvorsitzes und des EAPN-Fonds organisiert. 112 Delegierte aus 28 Nationen nahmen an diesem Treffen teil, darunter aus dem ZVPÖ Bundesvorstand, Kollege Herbert Fuxbauer - als ein auf der Wiener Armutskonferenz gewählter Vertreter der von Armut betroffenen Menschen Österreichs.
In seiner Stellungnahme zu den Zielen und Erwartungen des Europäischen Treffens 2016 sagte Fuxbauer: „ Es geht darum, die Perspektiven und Erfahrungen der von Armut betroffenen Menschen aus dem gesamten EU Raum zu teilen und um Wege zu zeigen, wie eine sinnvolle Mitsprache in Zukunft erreicht werden kann.“
“ Menschen, die Armut erleben, wollen ihre eigene Vision für eine Säule der sozialen Rechte vorstellen, es ist eine der wichtigsten Botschaften dieses Treffens, dass Partizipation ein wichtiges soziales Recht ist, das Menschen, die Armut erfahren, zugänglich sein muss.“
„Menschen, die Armut und Ausgrenzung erleben, müssen das Recht haben, ihre eigene Identität und ihre eigenen Meinungen auszudrücken. Partizipation muss also ein soziales Recht sein, dass die von Armut gefährdeten und davon betroffenen Menschen, nicht nur als Nutznießer oder Verbraucher von vorgegebenen und zum Großteil unzureichenden Sozialprogrammen darstellt, sondern ihnen als gleichberechtigte Bürgerinnen und Bürger, das Recht gibt eine Stimme zu haben und in sozialpolitischen Belangen mitzugestalten“ forderte Fuxbauer.
In vielen Diskussionen und Workshops trat jedoch die Gewissheit zu Tage, dass die Europäische Union in erster Linie ein äußerst neoliberales Wirtschaftsgebilde ist, in dem soziale Belange und Armutsbekämpfung nicht an bedeutender Stelle stehen. Dies zeigt auch schon die Zusammensetzung des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (EWSA), wo Wirtschaft und Industrie dominieren.
Nicht gerade rosig sieht es auch um die finanziellen Mittel des EAPN aus, wo sich eine starke Abhängigkeit von der EU Kommission zeigt. Wie es darum steht ist dem Zitat von Kommissionspräsident Jean Claude Juncker zu entnehmen, der sagt: „Wir haben dafür (soziale Belange) kein Geld, es ist aber besser einen European Pillar of Social Rights zu haben, als gar keinen.“ Im März 2016 hat die Europäische Kommission einen ersten, vorläufigen Entwurf für ein Vorhaben vorgelegt, das sich zur europäischen Säule sozialer Rechte entwickeln soll. Es wird die Kommission mit den Behörden und Sozialpartnern, der Zivilgesellschaft und den Bürgerinnen und Bürgern der EU darüber beraten, welche Inhalte die Säule umfassen und welche Rolle sie beim Übergang zu einer vertieften und faireren Wirtschafts- und Währungsunion spielen soll. Das Ergebnis dieser Diskussion soll in einen endgültigen Text über die europäische Säule sozialer Rechte einfließen.
Ob die zum Abschluss der Tagung vorbereitete Übergabe aller Forderungen der EAPN Delegierten an die EU-Kommissarin für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten, Marianne Thyssen zu Erfolg führen kann, ist aufgrund Ihrer anschließenden Stellungnahme fraglich. Sie betonte „Wir tun was wir können gegen die Armut zu kämpfen, wenn wir die Armutsstatistiken ansehen, sehen wir, dass die Zahlen zurückgehen, dass wir also eine gute Arbeit leisten und einige Menschen sogar aus der Armut herausholen…“ Wenn Kommissarin Thyssen angesichts steigender Arbeitslosigkeit und einer immer größer werdenden Zahl von prekärer Beschäftigung, bei Bedingungen wo Menschen nicht einmal mehr von einer Vollzeitbeschäftigung leben können, wo also in der gesamten EU mittlerweile 120 Millionen Menschen von Armut betroffen oder gefährdet sind, wenn sie dann so spricht, dann sieht sie ihre Aufgabe nur in der Interessenswahrung für die Wirtschaft und Industrie und nicht in der Stärkung sozialen Ausgleichs und Gerechtigkeit.
„Es gibt aber auch Positives“, sagte Herbert Fuxbauer zum Abschluss und verwies auf die in und abseits des EAPN Treffens stattgefundenen Gespräche. „Wir kehren mit Ernüchterung aber auch mit dem Willen etwas voranzubringen nach Wien zurück, es war ein kleiner aber wichtiger Schritt in die richtige Richtung“, sagte Herbert Fuxbauer. „Die österreichische Armutskonferenz ist eine wichtige und wirksame Einrichtung, die es weiter zu unterstützen und zu fördern gilt. Wenn nun Taten den Worten und Absichtserklärungen folgen sollen, wenn Partizipation im politischen Prozess Wirklichkeit werden soll, wenn die, denen der faire Anteil an dem gemeinsam erwirtschaftete Reichtum vorenthalten wird, mitgestalten sollen, dann werden diese Menschen mit und über ihre Vereine, Verbände, NGOs und politische Parteien, nicht nur auf lokaler Bezirksebene, sondern verstärkt auch bundesweit zusammenarbeiten müssen, um diesem Vorhaben besonderen Nachdruck zu verleihen. Tun wir das nicht, haben wir bald gar nichts mehr zu melden“, so Fuxbauer.