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Unlautere Absichten des privaten Kapitals

  • Donnerstag, 26. Oktober 2017 @ 14:56
Nebelschleier und Brandsätze

Die Arbeitsweise ist immer die Gleiche. Erst werden jene staatlich kontrollierten Bereiche in denen sich das private Kapital lukrative Profite erwartet, unterwandert, auf Widerstand abgeklopft und durch ständige und zermürbende Angriffe auf eine Übernahme vorbereitet. Am Ende soll der Eindruck entstehen, nur ein Rückzug des Staates und eine Öffnung für die private Marktwirtschaft und damit für private Investoren, sei der einzige Ausweg aus einer Schieflage, die in Wahrheit erst durch dieses manipulative Vorgehen herbeigeredet wurde, tatsächlich aber nie vorhanden war. Motto: Der Staat kann nicht wirtschaften, daher weniger Staat – mehr privat.

Diese unlauteren Absichten des privaten Kapitals sollen mittels Nebelschleier, unserer Wahrnehmung entzogen werden. Einer dieser „Nebelschleier“ ist das Auftreten diverser Fachleute, die erst nach tiefgehenden Recherchen, als im Sold von neoliberalen Denkfabriken stehend, ausgemacht werden. So soll der Anschein erweckt werden, es wäre im Interesse der Allgemeinheit und könne daher nur zum Wohle aller Bürger sein, wenn Bereiche der staatlichen Sozialsysteme unter dem Schlagwort Strukturreform, schlanker gemacht und reformiert werden. Untermauert wird dieses Vorgehen stets mit wissenschaftlich erhobenen Daten und Fakten, die im Vorhinein so ausgewählt werden, dass deren Interpretation stets zu Gunsten der zahlenden AuftraggeberInnen ausfällt. Tatsächlich aber bedeuten schlanke und reformierte Sozialsysteme immer einen Sozialabbau. Immer!

Ein schlagendes Beispiel, war die kürzlich in Wien einberufene Fachtagung mit dem Thema „Demografischen Wandel – eine Arbeitswelt auch für Menschen ab 50“. Ein Schwerpunkt der Tagung behandelte das Faktum der steigenden Zahl der älteren Arbeitssuchenden und die Tatsache, dass zunehmend auch besser ausgebildete Menschen von Erwerbsarbeitslosigkeit betroffen sind. Aufgetreten war eine Schar von Referenten aus dem Sozialministerium, der Arbeiterkammer, dem AMS und aus namhaften Großbetrieben. Als Veranstalter zeichneten die Beratungsunternehmen Mercer und Bestager. Spätestens hier mussten die Alarmglocken läuten. Ist doch die weltweit agierende Firma Mercer auch Berater der Donald Trump Regierung in den USA und tritt hier als Befürworter und Lobbyist für den Ausstieg aus dem staatlichen Gesundheitsprogram, besser bekannt als Obama-care, ein. Noch deutlicher wird es wenn, wir uns ansehen wer die Eigentümer des Unternehmens Mercer sind. Es handelt sich dabei um den Konzern Marsh & McLellan, einem der weltweit größten in der Finanz- und Versicherungsdienstleistungs-Branche, mit über 13 Milliarden Dollar Umsatz und 3,5 Milliarden Dollar Gewinn im Jahr 2016.

Wenn sich also internationale und profitsuchende Versicherungskonzerne und deren Finanzberater plötzlich für den österreichischen Arbeitsmarkt und im speziellen um Erwerbsarbeitslose über 50 interessieren, muss befürchtet werden, dass hier über Lobbyisten und „Beraterinstitute“ der Weg für einen Rückzug des Staates aus seinen sozialen Aufgaben vorbereitet und im Gegenzug die Öffnung für private Investoren geebnet werden soll. Denn alleine in der Arbeitslosenversicherung stecken über 6 Milliarden Euro an jährlichen Beiträgen, die es im Interesse der Versicherungsindustrie zu „privatisieren“ gilt.

Dass Leistung und Verlässlichkeit eines privaten Unternehmens im sozialen Bereich, nie an ein staatliches herankommen, ist immer wieder bewiesen worden. Leider wird bei diesen Debatten kaum erwähnt, dass wir schon sehr viel weiter wären, wenn wenigstens jeder, der erwerbsfähig ist, auch erwerbstätig sein könnte und dies nicht als Billigjobber, sondern in sozialversicherter Beschäftigung mit ordentlichem Einkommen. Weit über 500.000 Menschen in diesem Land wären vermutlich heilfroh, wenn sie Gelegenheit erhielten, auf diese Weise etwas für sich und das Sozialsystem beizutragen. Die Antwort darauf kann nur eine entsprechende Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und Personalausgleich sein, Hand in Hand mit einer Wertschöpfungsabgabe die das Gleichgewicht zur Produktivitätssteigerung durch Automaten und Roboter herstellt und die Finanzierungslogik der öffentlichen Versicherungssysteme bedeutend stützen würde.

Wir vom ZVPÖ werden weiter sehr wachsam bleiben, wenn es um Angriffe auf das staatliche Sozialsystem geht. Wenn vernebelt wird und Brandsätze im Sozialen gelegt werden. Wir werden weiter unsere Vorschläge zur Verbesserung der Lebenssituation der Vielen und nicht die der Wenigen vorbringen. Unsere Forderungen an Regierung und die öffentliche Hand waren und sind daher immer nur von den Interessen der betroffenen Menschen getragen.

Ein Beitrag von: Herbert Fuxbauer, ZVPÖ Bundessekretär und Dr. Rudi Gabriel, Mitglied im ZVPÖ Bundesvorstand

Quellen:
Mercer
Bestager
Marsh&McLellan
Fachtagung Brochure